100 Jahre später: Slabys Versuche wurden nachgestellt
Auf den Tag genau, am 30.August 1997, wurde am Havelufer nachvollzogen, was 100 Jahre zuvor Prof. Adolf Slaby gelang. In der Clubzeitschrift CQ DL des Deutschen Amateur Radio Clubs DARC vom Oktober 1997 wird dieses Ereignis beschrieben.
CQ DL 10/1997 Report
Nach 100 Jahren:
Slabys Versuch wurde jetzt wiederholt
Von Horst Schulze, DL7EM
Am 30. August 1997 war ich vier Stunden lang Augenzeuge eines denkwürdigen Ereignisses: Die erste drahtlose Verbindung in Deutschland war vor genau 100 Jahren durch Prof. Slaby hergestellt worden, und auf den Tag genau wiederholte man diesen Versuch an historischer Stelle.
Beteiligt waren das Labor Märkische Kulturlandschaft, die TU Berlin, das Museum für Technik und Verkehr Berlin, der BAPT-Funkmeßdienst, freiwillige Helfer. Das BAPT hatte für den Freiluftversuch für diesen Tag ein Rufzeichen erteilt. Ort der Handlung war wie vor 100 Jahren die Heilandkirche bei Sacrow am Stadtrand von Berlin vor den Toren Potsdams am Havelufer (Sie ist in den vergangenen Jahren renoviert worden; da sie genau auf dem Mauerstreifen stand, war sie völlig verfallen).
Nach zweistündiger Vorbereitung und einigen Tests begann der Versuch um 10.30 Uhr. Der Sender bestand aus einem Funkeninduktor, dazu war eine Funkenstrecke Typ Righi nachgebaut worden. Das Ganze wurde durch einen 24-V-Akku gespeist. Als Antenne dienten 23 m Kupferlitze, die am Glockenturm befestigt war, wie es auf alten Zeichnungen festgehalten ist.
Der Sender stand unter dem Säulengang der Kirche, dem Wasser am nächsten. Von dort führte ein 5 cm breites Kupferband direkt in den Wannsee. Das Ende der Erdung war mit einer Metallplatte von 1 x 1 m beschwert. Der Sender wurde in Tätigkeit gesetzt. Es folgten die Einstellung der Funkenlänge - die Luftfeuchtigkeit durch die Seenähe beeinflußte den Sender. Die Betriebswellenlänge lag bei 92 m. Die Antenne war der winzige "Schwingkreis"! Dadurch wurden eine große Anzahl anderer Frequenzen abgestrahlt. Im Umkreis von 200 m vom Sender waren Schilder angebracht: "Kein Durchgang für Personen mit Herzschrittmachern und Hörgeräten. Starke Hochfrequenzstrahlung".
Der Empfänger war zunächst 20 m entfernt, seine Antenne bestand aus zwei Drähten mit 20 cm Länge. Leider hatte der Nachbauer noch nicht Zeit und Mittel, den Empfänger auf größte Empfindlichkeit zu trimmen.
Slaby dagegen hatte schon alles vorher im Labor und bei anderen Versuchen eingestellt. Natürlich fehlt uns heute auch die Erfahrung, solche Geräte aus dem Jahre 1897 bestmöglich zu bedienen.
Für den Versuch über eine größere Entfernung wurde der Empfänger mit einem Boot zu der damaligen Marinestation transportiert. Dort fand sich noch ein Fundament aus damaliger Zeit, an dem dann ein Fesselballon und an jenem die Antenne befestigt wurden. Der aufgestiegene Ballon kündete der Mannschaft am Sender auf der gegenüberliegenden Seeseite, daß die Antenne gespannt ist. Parallel mit einer 2-m-Verbindung begannen jetzt die ersten Sendeversuche. Wie es zu damaliger Zeit war, wurde der Sendeversuch mehmals wiederholt.
Ich war beeindruckt von diesem Versuch, vor allem angesichts der doch primitiven technischen Ausrüstung. Sein Gelingen war den Ausführenden verdienter Lohn.
ln der Literatur fand ich: Im Mai 1897 machte Marconi im Bristolkanal über 14 km einen erfolgreichen Funkversuch (auch der wurde nachgestellt; s. CQ DL 9/97, S. 681 ). Der Empfangsapparat war in Lavernock-Point, 20 m ü NN, aufgestellt. Der von einem 27 m hohen Pfahl getragene Auffangdraht war mit einer Elektrode des Kohärers verbunden. Von der anderen Elektrode ging ein Draht ins Meer. Der Sendeapparat wurde auf Flatholm aufgestellt. Zur Erzeugung der Wellen diente ein Ruhmkaffscher Induktor von SO cm maximaler Funkenlänge, von acht Akkumulatoren gespeist.
Prof. Dr. A. Slaby, Professor am Polytechnikum in Charlottenburg, hatte den Versuchen beigewohnt und wiederholte sie unmittelbar nach seiner Rückkehr zunächst zwischen seinem Laboratorium in Charlottenburg und einem nahen Haus.
ln den kaiserlichen Gärten bei Potsdam am Havelufer folgten weitere Versuche. Die Apparate unterschieden sich nicht wesentlich von denjenigen Marconis.
ln der Sendestation benutzte er einen Funkeninduktor der Firma Siemens & Halske von 25 .. .30 cm Funkenlänge, welcher von acht Akkumulatoren gespeist wurde. Als Oszillator diente eine Einrichtung vom Typ Righi. ln der Empfangsstation erhielt der Primärstromkreis in Reihe mit dem Fritter ein Trockenelement und ein Westongalvanometer, dessen Zeiger die Rolle eines Relaisankers übernahm. An der obersten Plattform des Glockenturmes der Sacrower Kirche wurde ein Mast befestigt, und an seinem Ende, 23 m über dem Erdboden, mit Hilfe eines Isolators ein Kupferdraht, der unter den Säulengang der Kirche führte. Dort stand der Sendeapparat Im Herbst des gleichen Jahres führte Slaby größere Versuchen über freiem Terrain aus.