Das Telefunken-Werk Offenburg 1962 – 2012
Die gute Konjunkturlage Anfang der 1960er Jahre veranlasste den Telefunken-Vorstand neben Aktionen in Backnang, wie dem Neubau des Fabrikgebäudes „links der Murr“, im badischen Offenburg auf der grünen Wiese ein neues Werk zu bauen. Hier war es noch möglich, leichter Arbeitskräfte zu finden. So fuhren täglich Busse über die nahe französische Grenze, die eine große Zahl elsässische Arbeiter in die Fabrik brachten. Die erste Baustufe ging 1963 und eine zweite 1970 in Betrieb.
Das Werk hatte in Spitzenzeiten 1500 Arbeitsplätze in einer Hightech-Branche zu bieten und zählte zu den größten Arbeitgebern im Raume Offenburg. Im Jahre 2003 folgte Marconi Communications - inzwischen Eigentümer des Backnanger Unternehmens - einem weltweiten Trend, sich von Fertigungskapazitäten zu lösen und diese in die Hände von global tätigen Spezialisten zu geben. Der Standort Offenburg firmierte fortan unter dem Namen der finnischen Firma Elcoteq. Im Jahre 2009 wurde die Firma an das Unternehmen Xenterio verkauft und im Jahre 2012 fünfzig Jahre nach der Grundsteinlegung geschlossen.
Das Luftbild zeigt das eindrucksvolle Werksgelände Anfang der 1990er Jahre.
Quelle: Reinhold Erlenbusch, ehem. Personalchef der Fabrik Offenburg
In privaten Unterlagen des ehemaligen ANT Geschäftsführers Kurt Haag fanden sich die nachstehenden Zeitungsausschnitte, die die heute weitgehend unbekannten Anfänge der Offenburger Nachrichtentechnik schildern. Die lokalen Zeitungen berichteten detailliert über diese für die Stadt an der Kinzig so wichtige Industrieansiedlung. Auch die Feierlichkeiten zum 10-jährigen Bestehen der Fabrik wurden ausgiebig gewürdigt.
Badisches Tagblatt vom 30.05.1962
Kein einhelliges Echo auf Telefunken-Niederlassung
Besorgnis in Wirtschaftskreisen wegen der angespannten Situation auf dem Arbeitskräftemarkt
Geht die Hofnung auf die heute noch "schlummernden Reserven" in Erfüllung?
Erfahrungen lassen Zweifel aufkommen
r. — Die Nachricht, daß die Telefunken GmbH zum 1. Juli 1962 in Offenburg ein Zweigwerk eröffnen wird, das in der ersten Ausbaustufe nach vier Jahren 600 und im Endausbau 1600 Leute beschäftigen soll, hat ein geteiltes Echo gefunden. Vor wenigen Jahren, als z. B. von den ersten angeblichen Verhandlungen mit der Firma Siemens die Rede war, wäre die Niederlassung eines Betriebes der in Offenburg bisher nicht vertretenen Elektroindustrie allge¬mein begrüßt worden, heute jedoch wird jede Neueröffnung eines größeren Unternehmens mit einer gewissen Besorgnis betrachtet; und zwar nicht etwa aus Konkurrenzgründen, son¬dern einzig und allein wegen der Tatsache, daß jede weitere Produktionsstätte die Arbeitsmarktlage noch mehr verschärfen muß. Insbesondere wird in Kreisen der mittelbadischen Wirtschaft gefragt, wie sich die Ansicht des Arbeitsamts vom noch nicht ausgeschöpften Arbeitskräftereservoir in Offenburg und Umgebung mit den bitteren Erfahrungen so vieler großer und kleiner Betriebe vereinbaren läßt, daß bei Anfragen auf dem Arbeitsamt dieses sich weder gegenwärtig noch in absehbarer Zeit in der Lage sieht, die gewünschte Arbeitskraft zu vermitteln, sei es nun einen Facharbeiter, eine Stenotypistin oder eine Putzfrau.
Bekanntlich hat die vom Arbeitsamt eröffnete Aussicht, daß im Raum Offenburg die notwen-digen Arbeitskräfte gefunden werden könnten, den Ausschlag dafür gegeben, daß Telefunken mit dem 17. Betrieb nicht an den Neckar, sondern an die Kinzig geht. Neben Offenburg war insbesondere die Stadt Heilbronn in engste Wahl gezogen worden, wahrscheinlich nicht zuletzt deshalb, weil dort sich die 16. Produktionsstätte der Telefunkenfamilie mit etwa 1000 Beschäftigten befindet. Da für eine Erweiterung des Heilbronner Werkes das Arbeitskräfteproblem nicht zu lösen gewesen wäre, wurde Offenburg als Standort für das 17. Telefunkenwerk der Vorzug gegeben. Das Arbeitsamt hatte zuvor die Arbeitskräftesituation eingehend geprüft und war dabei auf Grund seiner strukturellen Untersuchungen zu dem Schluß gekommen, daß der Arbeitskräftebedarf von Telefunken hier eher gedeckt werden kann als in Heilbronn. Außerdem beabsichtigt die Telefunken GmbH, zahlreiche Fachkräfte mitzubringen und in einer großen Lehrlingswerkstätte, die in der vorläufigen Unterkunft, der früheren Zigarrenfabrik Walter Krämer, eingerichtet wird, selber geschulten Nachwuchs heranzuziehen. Dafür, daß Telefunken zahlreiche Fachkräfte mitbringen oder nach Offenburg ziehen wird, spricht auch die bei den Offenburger Verhandlungen gestellte Bedingung, daß hier in absehbarer Zeit ein großes Wohnbauprogramm durchgeführt wird. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß in diesem Zusammenhang an die Erschließung der "Oberen Schlangenmatten" (Gifiz) für den Bau von Hochhäusern und Wohnblocks gedacht werden kann; denn Telefunken wünscht angeblich 200 Wohnungen für Werksangehörige, ohne dafür allerdings bindende Verpflichtungen einzugehen.
Indes stellen sich manche Offenburger Betriebsinhaber die Frage, wie Telefunken noch Arbeitskräfte aus dem Offenburger Einzugsgebiet erwarten kann, während sie mit nur sehr magerem oder überhaupt keinem Erfolg bei der Arbeitsvermittlung offene Stellen der verschiedensten Art anbieten und laufend erhebliche Beträge für entsprechende Insertionen aufwenden müssen. Sie finden keine Lösung für dieses Rätsel, und die Rechnung mit den vielen Unbekannten (im Arbeitskräftereservoir) kann nach ihren jüngsten Erfahrungen nicht aufgehen, es sei denn zu ihren Lasten.
Dieselben Kreise meinen auch, daß es nicht im Interesse der Stadt gelegen sein könnte, wenn neue Betriebe auf Kosten der alteingesessenen herangezogen würden, die heute schon verzweifelte Anstrengungen unternehmen, um Belegschaftsmitglieder zu halten und zur Befriedigung der erhöhten Nachfrage zusätzlich neue Mitarbeiter zu gewinnen; die heute aber auch schon ihre liebe Not haben, ihre Auftraggeber zufriedenzustellen und die Termine einzuhalten. Vermögen sie das wegen des Arbeitskräftemangels aber nicht mehr, so laufen sie Gefahr, die Wettbewerbsfähigkeit im rauhen Klima des internationalen Konkurrenzkampfes zu verlieren oder doch zumindest teilweise einzubüßen. Den Nachteil davon hätten Arbeitgeber und Arbeitnehmer — unter ihnen gerade in unserem, von der Fluktuation noch nicht so stark erfaßten Gebiet zahlreiche betriebstreue und mit ihrer Arbeitsstätte eng verwachsene Mitarbeiter — die negative Auswirkung auf die alteingesessenen Unternehmen müßte aber auch die Stadt selber verspüren, die über die Gewerbesteuer mit dem Auf und Ab ihrer Wirtschaft eng verbunden ist. Der Gewinn aus der neuen Steuerquelle eines neuen Betriebs bereitete keine ungetrübte Freude, wenn auf der anderen Seite eine alte Steuerquelle ihre bisherige Ergiebigkeit verlöre.
Das hat offenbar auch die Stadtverwaltung eingesehen oder ist ihr seitens der Wirtschaft nahegebracht worden. Denn der Oberbürgermeister hat bei der Bekanntgabe des Offenburger Telefunken-Projekts erklärt, daß die Stadt nun keine weitere Industrieansiedliang mehr beabsichtige. Wie weit sich hier aber die der Entwicklung innewohnende Dynamik abbremsen läßt, wird wird die Zukunft lehren müssen; in ihr wird es sich auch erweisen ob die im Zusammenhang mit der Telefunken-Ansiedlung ausgesprochene Hoffnung auf die heute noch "schlummernden Reserven", die Hoffnung auf zusätzliche Arbeitskräfte aus der Zigarrenindustrie, der Landwirtschaft und den stärkeren Schulentlaßjahrgängen, berechtigt war oder nicht.
Offenburger Tageblatt vom 28.07.1962
Das neue Offenburger Telefunken-Werk
Fertigungshalle, Verwaltungsbau, Kasino und Nebengebäude — Bau und Einrichtung nach jüngstem Stand der Technik
In der Rheinstr. 3 in Offenburg beginnt der Anlernbetrieb für das neue Telefunken-Werk Offenburg Gestalt anzunehmen. Die Aufstellung und Einrichtung von Arbeitsplätzen zur Teilefertigung und für die Fernmeldetechnik ist in vollem Gange. Am kommenden Montag 30. Juli, werden hier die ersten fünfzehn Frauen aus Offenburg die Arbeit aufnehmen. Gleichzeitig werden drei männliche Arbeitskräfte aus Offenburg für etwa sechs bis sieben Wochen im Betrieb Backnang für ihre neue Tätigkeit umgeschult werden.Foto:
Unser Bild von dem Telefunken-Neubau in Offenburg zeigt, wie die Gesamtanlage später einmal aussehen soll. Eine Erweiterung dieses Baukomplexes in nördlicher Richtung ist möglich.
Das Telefunken-Werk will möglichst ausgebildete Fachkräfte aus Offenburg und Umgebung beschäftigen, um den Stamm an solchen Kräften in Backnang lassen zu können. Um das zu erreichen, werden sogar mehrere Offenburger auf die Dauer eines Jahres nach Backnang zur Ausbildung geholt werden. Als Meister für den Anlernbetrieb ist Arthur Betz aus Backnang nach Offenburg gekommen. Er hat alle Hände voll zu tun. An dem zweistöckigen Gebäude in der Rheinstraße 3 ist inzwischen das Firmenschild angebracht worden: „TELEFUNKEN GmbH, Geschäftsbereich Anlagen Weitverkehr und Kabeltechnik. Werk Offenburg." Vorher hat der Bau, der gemietet wurde, eine Renovierung erfahren, so daß er im Innern und Aeußern schmuck und sauber für die Arbeitsaufnahme bereit steht.
Dafür sind die Vorbereitungen getroffen. Im Laufe der zu Ende gehenden Woche ist der Raum im Erdgeschoß mit Arbeitsplätzen versehen worden. Die neu eingestellten Frauen werden hier allmählich in ihre Tätigkeit eingeführt werden, die für Frauenhände mit Fingerspitzengefühl wie geschaffen scheint. Die neuen Offenburger Telefunken-Mitarbeiterinnen werden eine Lötschule mitmachen, ehe sie am „Kabelbaum" schaffen werden. Es gilt, diesen Kabelbaum für Relaissatzverdrahtungen auf dem Kabelformbrett herzustellen. Wickelmaschinen werden auch noch aufgebaut werden, die Arbeit an ihnen wird voraussichtlich erst im September dieses Jahres aufgenommen werden. Eine „Mechaniker-Ecke" und die notwendigen sanitären Einrichtungen ergänzen diese erste Ausstattung zu der auch Spezialwaagen für die Anfertigung der in dieser Branche benötigten Schalenkerne gehören.
Die Arbeitsaufnahme am kommenden Montag, 30. Juli, ist mit weiteren Einstellungen weiblicher Arbeitskräfte verbunden. So will man ganz allmählich, aber mit sicherer Fundierung, die Offenburger Produktion vorbereiten.
Parallel zur Einrichtung des Anlernbetriebes der Telefunken GmbH, wird der große Neubau des neuen Telefunken-Werkes in Offenburg vorbereitet. In dem von der Stadt neu erschlossenen Industriegelände westlich der Kinzig, hat die Firma, neben der geplanten Bundesstraße 3 — wie bereits gemeldet — ein Grundstück erworben. Dort wird die Fertigungsstätte für Richtfunk- und Trägerfrequenzgeräte und -anlagen entstehen.
Im ersten Bauabschnitt wird hier eine eingeschossige Fertigungshalle gebaut, die den Hauptteil der Werkanlage bilden wird. Ferner gehören zu diesem Bauabschnitt ein zweigeschossiges Verwaltungs- und Garderobengebäude. das von der großen Halle 15 Meter abgesetzt und mit dieser durch Uebergänge verbunden sein wird. Dem Verwaltungsgebäude wird nach Westen das eingeschossige Kasino vorgelagert sein, während die Nebengebäude mit dem Heizhaus, der Trafostation, Garagen, Pförtnerhaus und andere (im Bild vorn) das Werkgelände nach Süden abschließen werden. Architektur und Konstruktion sowie Betriebseinrichtung des Werkes werden dem jüngsten Stand der Technik entsprechen. Sie sollen zusammen mit vorbildlichen sozialen Einrichtungen und bestmöglicher Arbeitsplatzgestaltung die Voraussetzung für ein gesundes Arbeitsklima sein.
Für Planung und Ausführung des Projekts, zeichnet die Bauabteilung des Unternehmens unter Leitung von Dipl.-Ing. K. F. Kreyss verantwortlich. Mit den Bauarbeiten wird in Kürze begonnen werden.
Backnanger Kreiszeitung vom 1.8.1962
Telefunken hat in dem von der Stadt Offenburg/Baden neu erschlossenen Industriegelände westlich der Kinzig, neben der geplanten Bundesstraße 3, ein Grundstück erworben, um dort als Ergänzung zum Backnanger Werk eine Fertigungsstätte für Richtfunk- und Trägerfrequenzgeräte und -anlagen zu errichten. Das Modell (unser Foto) zeigt, wie die Gesamtanlage später einmal aussehen wird. Eine Erweiterung dieses Baukomplexes in nördlicher Richtung ist möglich. Im ersten Bauabschnitt wird hier eine eingeschossige Fertigungshalle gebaut, die den Hauptteil der Werkanlage bilden wird. Ferner gehören zu diesem Bauabschnitt ein zweigeschossiges Verwaltungs- und Garderobengebäude, das von der großen Halle 15 Meter abgesetzt und mit dieser durch Uebergänge verbunden sein wird. Dem Verwaltungsgebäude wird nach Westen das eingeschossige Kasino vorgelagert sein, während die Nebengebäude mit dem Heizhaus, der Trafostation, Garagen, Pförtnerhaus und andere das Werkgelände nach Süden abschließen werden. Architektur und Konstruktion sowie Betriebseinrichtung des Werkes werden dem jüngsten Stand der Technik entsprechen und zusammen mit vorbildlichen sozialen Einrichtungen und bestmöglicher Arbeitsplatzgestaltung die Voraussetzung für ein gesundes Arbeitsklima sein. Für Planung und Ausführung des Projektes zeichnet die Bauabteilung des Unternehmens unter Leitung von Dipl.-Ing. K. F. Kreyss verantwortlich. Mit den Bauarbeiten wird in Kürze begonnen werden.
Offenburger Tageblatt vom 27.07.1963
Telefunken hat in dem von der Stadt Offenburg/Baden neu erschlossenen Industriegelände westlich der Kinzig, neben der geplanten Bundesstraße 3, ein Grundstück erworben, um dort als Ergänzung zum Backnanger Werk eine Fertigungsstätte für Richtfunk- und Trägerfrequenzgeräte und -anlagen zu errichten. Das Modell (unser Foto) zeigt, wie die Gesamtanlage später einmal aussehen wird. Eine Erweiterung dieses Baukomplexes in nördlicher Richtung ist möglich. Im ersten Bauabschnitt wird hier eine eingeschossige Fertigungshalle gebaut, die den Hauptteil der Werkanlage bilden wird. Ferner gehören zu diesem Bauabschnitt ein zweigeschossiges Verwaltungs- und Garderobengebäude, das von der großen Halle 15 Meter abgesetzt und mit dieser durch Uebergänge verbunden sein wird. Dem Verwaltungsgebäude wird nach Westen das eingeschossige Kasino vorgelagert sein, während die Nebengebäude mit dem Heizhaus, der Trafostation, Garagen, Pförtnerhaus und andere das Werkgelände nach Süden abschließen werden. Architektur und Konstruktion sowie Betriebseinrichtung des Werkes werden dem jüngsten Stand der Technik entsprechen und zusammen mit vorbildlichen sozialen Einrichtungen und bestmöglicher Arbeitsplatzgestaltung die Voraussetzung für ein gesundes Arbeitsklima sein. Für Planung und Ausführung des Projektes zeichnet die Bauabteilung des Unternehmens unter Leitung von Dipl.-Ing. K. F. Kreyss verantwortlich. Mit den Bauarbeiten wird in Kürze begonnen werden.
Offenburger Tageblatt vom 29.07.1963
Die zweite Halle soll bald folgen
In zwei Monaten soll die Produktion in der neuen Telefunken-Werkhalle anlaufen — Werkraum so groß wie zwei Fußballplätze — Erstaunlich kurze Bauzeit — Viel Lob für jugoslawische Bauarbeiter
Seit Freitagabend schwebt über dem Neubau von Telefunken in der Max-Planck-Straße der Richtkranz. Nach nur zehnmonatiger Bauzeit wurde die 13 000 Quadratmeter große Werkhalle im Rohbau und zum Teil schon im Ausbau vollendet. Im August und September wird die Belegschaft von der Rheinstraße in die neue Halle umziehen, in der Anlagen für Weitverkehr und Kabeltechnik produziert werden. Sie wurde für eine Beschäftigtenzahl von 800 erstellt. Wie von der Offenburger Werksleitung zu erfahren war, soll „in kürzester Frist" mit dem zweiten Bauabschnitt begonnen werden, der nochmals die gleiche Halle vorsieht. Das Offenburger Werk soll dann im Endausbau rund 1600 Beschäftigte zählen. Zur Zeit sind noch die Arbeiten am Verwaltungsgebäude im Gange, in das man bis Dezember einziehen will.
Unter dem riesigen Dach, das die Fläche von zwei Fußballplätzen überspannt, vereinten sich am Freitagnachmittag Bauherrn und Arbeiter zum Richtfest, das besonders freudig gefeiert wurde, nachdem der Bau in einer solch kurzen Zeit fertiggestellt werden konnte. Der für Anlagen Weitverkehr und Kabeltechnik zuständige Fachbereichsleiter von Wrangel, Dr. Haag als kaufm. Direktor und Dipl.-Ing. Edenharter als technischer Direktor vom Fachbereich, Dipl.-Ing. Stöber und Dipl.-Kaufmann Schönlein von der Werksleitung Backnang, der frühere Fachbereichsleiter Dr. Wuckel sowie die beiden Offenburger Chefs, Direktor Köhler und kaufmännischer Werksleiter Dr. Roser, saßen mit den Bauunternehmern, Handwerkern, Arbeitern und Gästen an der Stelle, an der in wenigen Monaten die Produktion anlaufen wird.
Zuvor aber hatte als Sprecher der am Bau beteiligten Firmen Direktor Dr. Wössner von der Firma Hochtief die Firma Telefunken zu ihrem Neubau beglückwünscht, der in einer der schönsten Gegenden Deutschlands erstellt worden sei. „Ich beglückwünsche Sie aber auch zu den Menschen dieser Landschaft, die einmal in dieser Halle arbeiten werden. Ich bin überzeugt, daß Sie mit dieser Halle und mit diesen Menschen, den Erfolg haben werden, den Sie sich erhofften", erklärte Dr. Wössner, der allen am Bau beteiligten Firmen, Handwerkern und Arbeitern für die gute Arbeit dankte. Besonders dankte er Bauleiter Wittich, der Unmögliches habe Wirklichkeit werden lassen. Dr. Wössner verglich humorvoll die Bauunternehmen mit Hasen und Bauleiter Wittich mit einem Jäger, stellte aber dennoch eine harmonische Zusammenarbeit fest. „Glückauf Telefunken, vor allem aber glückauf Telefunken Offenburg", rief er vom Dach des Verwaltungsgebäudes, während der Richtkranz an einem großen Kran über das Hallen-Dach schwebte.
Als stolzen und bewegenden Moment bezeichnete Fachbereichsleiter von Wrangel diesen Augenblick, mit dem ein neues Werk seiner Vollendung entgegengehe, das schon lange als fehlendes Glied in der Kette der Telefunken-Produktion betrachtet worden sei. „Das Offenburger Werk soll eines der modernsten seiner Art werden", erklärte der Fachbereichsleiter, der ebenfalls die gute Arbeit, die hier geleistet wurde, lobte, vor allem aber die planerischen Ideen von Architekt Kreiss würdigte, der diese Riesenhalle vorgeschlagen hatte. „Wir glauben, in dieser Halle Spitzenerzeugnisse der Fernmeldetechnik herstellen zu können, die Telefunken und die deutsche Industrie im In- und Ausland vertreten sollen." Geräte der Fernmeldetechnik sollen in diesem Offenburger Werk hergestellt werden, mit denen Telefunken dem stetig steigenden Bedürfnis der Menschen, Nachrichten untereinander auszutauschen, nachkommen wolle. „Ich hoffe, daß hier in allen Zeiten zufriedene Menschen an modernen Arbeitsplätzen in gesicherten Arbeitsverhältnissen arbeiten zum Wohle der Bundesrepublik, zum Wohle von Telefunken und zum Wohle der Stadt Offenburg", schloß von Wrangel.
An die „Männer vom Bau" richtete Telefunken-Architekt Kreiss seine Ansprache. Er verglich die über dem Neubau schwebende Richtkrone mit der Erntekrone und erklärte: „Ihre Leistung an diesem Bau, das ist die Ernte, die die Männer vom Bau eingebracht haben." Auch er hob die kurze Bauzeit hervor, die zuvor niemand für möglich gehalten habe und die trotz der Kälteperiode im Winter und trotz der Hitze jetzt habe erreicht werden können. Herzliche Worte des Danks fand der Architekt für die Poliere. „Als im Winter eine Kälte von minus 24 Grad auf der Baustelle herrschte, waren nur noch die Poliere und Bauleitung da, die kein Schlechtwettergeld erhielten. Sie mußten schalen und betonieren, und 145 Arbeiter standen darum herum und schauten, ob alles richtig gemacht wurde", erinnerte er an eine Episode während der Bauzeit.
In seinen Dankesworten hob Architekt Kreiss, danach vor allem die jugoslawischen Gastarbeiter der Firma Hochtief hervor. „Sie haben wesentlichen Anteil an der raschen Fertigstellung, denn sie ließen sich durch nichts, weder durch Hitze noch durch Regen, von der Arbeit abschrecken." Nachdem er dann seine Mitarbeiter in der Planung, Statik usw. vorgestellt hatte, galt sein Dank dem Mann, dem allein dieses Richtfest zu diesem frühen Zeitpunkt zu verdanken sei: Bauleiter Wittich.
Nach dieser Ansprache gab es eine Ueberraschung: Wie ein Mann standen die vielen jugoslawischen Gastarbeiter auf und klatschten mit erhobenen Händen. Sie wollten damit, so erklärte ihr Sprecher, ihren Dank für die gute Aufnahme und Betreuung bei den Firmen Hochtief und Telefunken zum Ausdruck bringen. Sie versprachen, auch in Zukunft so fleißig wie bisher zu arbeiten.
Bei einem kräftigen Richtschmaus ließen Bauherrn und Bauarbeiter dieses Richtfest ausklingen.
Badisches Tagblatt vom 29.07.1963
Im September Produktionsaufnahme auf der "Nachtweide"
Richtfest für das Telefunken-Zweigwerk auf dem neuen Industriegelände in Offenburg Moderne Produktionsstätte im Rohbau fertiggestellt - Richtschmaus in der klimagekühlten Werkshalle
„In einer der schönsten Gegenden Deutschlands ist diese neue Halle zur Produktion von Fernsprech- und Fernmeldegeräten innerhalb der Telefunkenwerke erstellt worden", sagte am Freitagnachmittag Dr. Wössner von Hoch und Tief anläßlich des Richtfestes für die neue Produktionshalle der Telefunken GmbH auf dem neuen Offenburger Industriegelände westlich der Kinzig. Einen gedrängten Rückblick über die Baugeschichte des neuen Werkes auf dem Gewann „Nachtweide" gaben von Wrangel, der Fachbereichsleiter für Anlagenweitverkehr und Kabeltechnik, sowie Architekt Kreiss, ebenfalls von den Telefunkenwerken. Beim Richtschmaus in der neuen Halle herrschte dank der eingebauten Klimaanlage angenehme Kühle, und das ausgezeichnete Richtfestessen von Gastronom K. Trunz wurde durch dezente Unterhaltungsmusik noch schmackhafter.
Unter einem herzhaften „Glückauf Telefunken Offenburg" hob sich dann der bänderge-
schmückte Richtkranz in die Höhe, und der Kran schwenkte ihn langsam über die in zehn-monatiger Bauzeit erstellte Produktionshalle. Ein Zimmermann trug einen kurzen Richtspruch vor und brachte ein Lob auf die Bauherrschaft wie auch auf die Bauleitung aus. ehe sein Glas nach altem Brauch an einer Mauer des Gebäudes zerschmetterte
Es war ein stolzer und auch erhebender Augenblick, als die Bänder der Richtkrone im Wind flatterten, stellte Fachbereichsleiter von Wrangel in seinem Rückblick fest. Ein fehlendes Moment in der Produktion von Telefunken sei nun bald aus der Welt geschafft. Unmögliches sei an dieser Baustelle geleistet worden, beinahe nach dem Sprichwort „Unmögliches wird sofort geleistet. Wunder dauern etwas länger!" Er dankte im Namen der Bauherrschaft den zahlreichen Firmen, die am Bau der modernen Halle beteiligt sind und waren, aber auch den Leuten, die durch ihre Geistesarbeit zum Gelingen des Neubaues beigetragen haben Bis zum September sollen hier zunächst 300 Menschen in einer der modernsten Fertigungshallen ihrer Art Beschäftigung finden. (Der erste Bauabschnitt umfaßt Arbeitsplätze für insgesamt 800 Menschen, und die Gesamtplanung erstreckt sich auf rund 1600 Arbeitsplätze.) Über den Bau der Halle habe es, so fuhr von Wrangel fort, in der Vergangenheit eine kleine Diskussion gegeben, da man sich über den Baustil nicht ganz einig gewesen sei. Heute sei man jedoch aufrichtig froh, diese Bauart gewählt zu haben. Der Weg sei nun frei für die Spitzenerzeugnisse, die man in dieser lichten und luftigen Halle herstellen wolle.
Auch Architekt Kreiss dankte den Männern vom Bau und den Gästen, unter ihnen Bauleiter Wittich, kaufmännischer Direktor Haag, Technischer Direktor Dipl.-Ing. Edenharter, von der Werksleitung Backnang Dipl.-Ing. Stöber, Dipl.-Kaufmann Schönlein, der frühere Fachbereichsleiter Dr. Wuckel, kaufmännischer Direktor Dr. Roser und technischer Direktor Köhler (beide Offenburg). Man habe immer fleißig gearbeitet, die Poliere und die Bauleitung im letzten harten Winter sogar manchmal bei minus 24 Grad. Besonderen Dank übermittelte der Architekt an die jugoslawischen Gastarbeiter, die stets fleißig gewesen seien. Überhaupt könne jeder mit seiner „Ernte" zufrieden sein, der eine mit dem Bauwerk, der andere mit seiner Lohntüte. Architekt Kreiss sprach ferner Bauleiter Wittich sowie dem Statiker wie überhaupt allen, die an diesem Bau mitgearbeitet haben, seinen Dank aus. Ein jugoslawischer Sprecher dankte seinerseits der Bauleitung im Namen seiner Kollegen vom Bau, wobei er betonte, daß man sie immer gut und anständig behandelt habe, und daß er heute verspreche, daß sie alle fleißig weiterarbeiten würden. Bei diesen Worten erhoben sich die Gastarbeiter, um mit dieser Geste der Bauleitung zu danken.
Bei vorzüglicher Bewirtung saßen nach diesem gewissermaßen offiziellen Teil Bauleitung und die Männer vom Bau noch gemütlich zusammen, um sich in der Besinnung auf die bisher am Telefunken-Neubau vollbrachte Leistung über das gelungene Werk zu freuen, das nicht nur zweckmäßig angelegt ist, sondern sich als Industriebetrieb auch durch seine architektonische Schönheit auszeichnet.
15.10.1963 Blick in die Fertigungshalle
Badisches Tagblatt vom 29.10.1963
Telefunken-Fabrik Offenburg in Betrieb genommen
Hier wird zur Produktion neuer Richtfunk- und Trägerfrequenzen sowie Relais-Geräte beigetragen
So vielseitig und weitverzweigt ist das Fertigungsprogramm von Telefunken, daß es wohl kaum ein Gebiet der Nachrichten- und Unterhaltungstechnik gibt, mit dem der Name Telefunken nicht auf das engste verknüpft ist. Rundfunk und Fernsehen, Magnetophon und Abspielgeräte sowie die Schallplatte verschaffen besinnliche und vergnügte Stunden. Auch beim Telefonieren und Telegrafieren kommt man mit Telefunken-Anlagen in Berührung, denn Telefunken-Weitverkehrsanlagen und Kabel schaffen auch hierfür die Voraussetzungen zu einer über unsere Grenzen hinweg reichenden Nachrichtenübermittlung.Für dieses umfassende Fertigungsprogramm von Geräten und Anlagen, wie Rundfunk- und Fernsehempfänger, Magnetophongeräte, Plattenspieler, Wechselsprech- und Gegensprechanlagen, medizinische Geräte, Senderanlagen, Radaranlagen, Richtfunk- und Trägerfrequenzanlagen und vieles andere, werden auch für die für ihren Aufbau erforderlichen Bauelemente wie Röhren, Halbleiter, Transistoren, Kondensatoren, Widerstände und andere Bauteile in den Telefunken-Fabriken in Berlin, Hannover, Ulm, Eiweiler, Backnang, Heilbronn, Nürnberg, Gräfenberg, Ingolstadt, Zeil, Konstanz, Lindau und nun auch in Offenburg gefertigt. Die unaufhaltsame Weiterentwicklung von Telefunken dokumentiert sich nicht nur in der Ausweitung der Produktionsgebiete, sondern auch durch die Vergrößerung der Fertigungsstätten, vornehmlich im süddeutschen Raum.
Im Zuge dieser Vergrößerung ist im Mai 1962 mit dem Aufbau der Telefunken-Fabrik in Offenburg begonnen worden, deren Inbetriebnahme in diesen Tagen erfolgte. Der inzwischen 420 Mitarbeiter zählende Stamm soll noch erheblich erweitert werden. Alle Voraussetzungen für einen guten und allen neuzeitlichen Gesichtspunkten entsprechenden Arbeitsplatz sind geschaffen worden.
Die Telefunken-Fabrik in Offenburg, als Fabrik des Fachbereiches Anlagen Weitverkehr und Kabeltechnik in Backnang, wird zur Produktion neuer Richtfunk- und Trägerfrequenzgeräte sowie
verschiedener Relaisgeräte entscheidend beitragen. Dringende technische Forderungen der modernen Entwicklung im Nachrichtenwesen sowie das ständige Wachsen der Rundfunk-, Fernseh- und Fernsprechteilnehmer sind der Anlaß zur Erweiterung der Telefunken-Fabrikation die nunmehr in der Fabrik Offenburg zur Befriedigung des ständigen Bedarfs beitragen wird. Das bedeutet eine Fülle von Aufgaben und Arbeit für lange Zeit.
Mechanische und feinmechanische Fertigung
Der Schwerpunkt der mechanischen und feinmechanischen Fertigung dieser Fabrik Offenburg soll besonders auf den nachfolgenden Gebieten' ausgebaut werden:
1) Dreherei (ausgestattet mit Feindrehbänken, Revolver- und größeren Zug- und Leitspindel-Drehbänken);
2) Fräserei (ausgestattet mit Universal-Fräsmaschinen für Vertikal- und Horizontalfräsen, Handhebel-Fräsmaschinen
3) Bohrerei (ausgestattet mit Einspindel- -und Mehrspindel-Bohrmaschinen);
4) Stanzerei mit Pressen bis ca. 60 t
5) Werkzeugbau;
6) Montage;
7) Galvanik;
8) Lackiererei;
9) Schweißerei.
Voraussetzungen für guten Start gegeben
Dazu kommt eine Vielzahl anderer Arbeitsgebiete, wie z.B. das Transportwesen, Wartung der Pforten- und Heizungsanlagen sowie die Reinigung der Werkstätten und Außenanlagen.
Die Voraussetzungen zu einem guten Start auf allen Arbeitsgebieten sind gegeben, und auch in der Telefunken-Fabrik Offenburg werden künftig alle Geräte und Einzelteile zum Aufbau von Nachrichtenanlagen in bekannter Güte und Qualität, die alle Telefunken-Erzeugnisse, auszeichnen, hergestellt werden.
Badisches Tagblatt vom 04.11.1963
„Vereinigte Telefunken-Hütten" haben Neubau bezogen
Produktionsaufnahme im Zweigwerk auf der Offenburger ,Nachtweide" 470 Arbeitsplätze sind bereits besetzt
Weiträumige Anlage in zwölf Monaten erstellt
Letzte Arbeiten zum Jahreswechsel beendet
Es gibt keine „Vereinigten Telefunken-Hütten" mehr in Offenburg. Die Telefunken AG hat in den letzten Wochen mit dem Offenburger Zweigwerk den Neubau in der Max-Planck-Straße im neuen Industriegebiet westlich der Kinzig bezogen. Gleichzeitig wurden die „Hütten", wie die Direktion ihre bisherigen Behelfsunterkünfte in Offenburg selber scherzhaft nannte, aufgegeben. Diese befanden sich im Eisenbahnausbesserungswerk, bei der Firma C. R. Dold und in der früheren Krämerschen Zigarrenfabrik in der Rheinstraße. Heute arbeiten 470 Belegschaftsmitglieder im Gewann „Auf der Nachtweide" in der Offenburger Telefunkenfabrik, die laufend noch mehr Arbeitskräfte einstellt und in ihrem ersten Bauabschnitt, der nun seiner Vollendung entgegengeht, ungefähr 850 Arbeitskräfte beschäftigen wird. Nach dem Endausbau in vielleicht fünf Jahren sollen es rund doppelt soviel Belegschaftsmitglieder sein.
Wir haben dieser Tage den Großbetrieb nahe der Gemarkungsgrenze von Waltersweier besichtigt, mit dessen Fabrikaten einmal der Name „Offenburg" in die ganze Welt hinausgehen wird. Heute steht noch „Backnang" auf den Kisten, in die die empfindlichen Geräte zum Versand in alle Erdteile verpackt werden. Denn das Offenburger Telefunkenwerk gehört zum Fachbereich „Anlagen, Weitverkehr und Kabeltechnik" in Backnang und wurde auch ganz nach dem System des Backnanger Betriebs, allerdings nach dem Neuesten Stand der technischen Entwicklung ausgestattet, gebaut. Von Backnang kam auch das erste Fachpersonal nach Offenburg, wo sich Telefunken nun einen festen Mitarbeiterstamm heranbildet. Dazu dienten schon die drei provisorischen Werkstätten; dazu dient nicht zuletzt auch die Lehrlingsabteilung, der alljährlich rund 20 neue Kräfte zugeführt werden. Sie erhalten eine solide Grundausbildung, die sie zum Aufstieg in dem interessanten Betrieb befähigt, der in der Hauptsache neue Richtfunk- und Trägerfrequenzgeräte sowie verschiedene Relaisgeräte produziert. Mit einem Wort: Nachrichtenanlagen der jüngsten technischen Errungenschaften treten von der Offenburger „Nachtweide" aus die Reise ins In- und Ausland an.Bis jetzt hatte Telefunken keine Schwierigkeiten, die Arbeitsplätze, die nach und nach vermehrt werden, zu besetzen. Die Belegschaftsmitglieder kommen zu rund 50 Prozent aus der Stadt und zu weiteren 50 Prozent aus der Offenburger Umgebung. Darunter ist in diesem Fall auch die Stadt Kehl zu verstehen, von wo zahlreiche Telefunkenangehörige täglich zur Arbeit nach Offenburg fahren. Betrachtet man die Adressen der Offenburger Betriebsangehörigen, so könnte man schon beinahe sagen, daß Albersbösch-Nord eine Telefunkensiedlung geworden ist. Ähnliches wird man wahrscheinlich auch bald von den „Oberen Schlangenmatten" behaupten können, wo bekanntlich gegenwärtig viele Wohnungen erstellt werden, die für Industriefachkräfte reserviert sind.
Wenn bei Telefunken der allgemeine Mangel an Arbeitskräften bisher noch nicht spürbar in Erscheinung getreten ist, so ist das sicherlich auf manchen äußeren Umstand, wie die Art der Arbeit und die Sauberkeit des Arbeitsplatzes, zurückzuführen, keineswegs aber darauf, daß bei Telefunken etwa weniger gearbeitet werden müßte als in anderen Betrieben. „Bei uns wird auch nichts geschenkt", betonte Direktor Dr. Roser beim Betriebsrundgang, als wir die Arbeiterinnen beobachteten, wie sie nach genauer Vorschrift und exaktem Plan die komplizierten Draht-Bäume wickelten. Dazu gehören ein ausgeprägtes Fingerspitzengefühl, ein gutes Auge und ein wacher Sinn. Darum sieht man Mitarbeiterinnen, die einen Handwerksberuf erlernt haben, in dem diese Eigenschaften ebenfalls notwendig sind, besonders gern.
Während in der weiten Werkhalle eine Abteilung nach der anderen in den wohldurchdachten und entsprechend organisierten Produktionsablauf eingeschaltet wird, trifft man in den Nebengebäuden fast überall noch auf Handwerker, die die letzten Arbeiten ausführen. Da werden beispielsweise noch die unzähligen Versorgungsleitungen im Untergeschoß der Halle isoliert, die Klimaanlage, der in diesem Betrieb besondere Bedeutung zukommt, fertiggestellt und die Neutralisationsanlage installiert. Auch auf der Westseite des Telefunkenareals sind die Abschlußarbeiten noch im Gang. Dort steht als Sondertrakt das Verwaltungsgebäude mit dem Kasino, das bis zum Jahresende bezugsfertig sein soll. Diese Westseite gibt sozusagen die „Schokoladenseite" der Werksanlage ab; denn westlich davon, also zwischen Stadtwald und Telefunkenfabrik, wird bald die nördliche Fortsetzung der Bundesstraße 3 vorbeiziehen, die gegenwärtig noch am Zubringer endet. An die B 3 wird Telefunken allerdings keinen direkten Anschluß erhalten, wohl aber an die neue Industriestraße, die vom Seewinkel her über die noch zu erstellende zweite Kinzigbrücke (in der Nähe des Waltersweierer Stegs) in das neue Industriegebiet westlich der Kinzig führen wird.
Die große Werkshalle besitzt augenblicklich ein Ausmaß von 80X105 Meter. Sie kann nach Bedarf nach Norden hin, also in Richtung Waltersweier, erweitert werden. Die Halle selber wurde durch eine Stahlglaswand zweigeteilt, was mit dem Produktionsablauf, dem Materialeingang, der Vorfertigung, Montage usw. zusammenhängt. Vorerst wurde die Verwaltung im zweigeschossigen Teil der Halle untergebracht, in dem nach der Fertigstellung des Verwaltungsgebäudes nur noch die betriebsnahen Büros verbleiben werden.
Die weite Halle ist übrigens die erste ihrer Art bei Telefunken. Alles befindet sich unter einem Dach, unter dem es auch keine Oberlichter gibt. Die künstliche Beleuchtung ist jedoch so abgestimmt und abgeschirmt, daß keine Blendwirkung entstehen kann. Von Interesse dürfte auch sein, daß keinerlei giftige Industrieabwässer vom Telefunkenwerk zu befürchten sind. Für die Entgiftung sorgt eine Neutralisationsanlage modernster Art, in der das Wasser immer wieder vollständig gereinigt wird. Die abgesetzten Stoffe können auf jeden Schuttabladeplatz abgefahren werden. Anfang nächsten Jahres dürfte der Betriebsfluß in der Offenburger Telefunkenfabrik planmäßig vonstatten gehen; denn bis dahin sollen alle Abteilungen eingerichtet und in den ihnen zugedachten Räumen untergebracht sein. Am 19. 9. 1962 war die erste Bauhütte auf der „Nachtweide" erstellt worden; ein Jahr später wurde erstmals in dem Neubau geheizt, und nun wird in ihm schon mit Hochdruck gearbeitet.
Badisches Tagblatt vom 13.12.1963
Telefunken kam über den Fußball nach Offenburg
Oberbürgermeister Heitz machte bei der Besichtigung des jüngsten Offenburger Industriebetriebs eine überraschende Mitteilung - Nur weibliche Arbeitskräfte derzeit rar - Mit Qualität der Arbeit sehr zufrieden
Bekannt ist die völkerverbindende Kraft des Sports, über den auch in den ersten Jahren nach dem letzten Weltkrieg wieder die ersten Brücken über die Grenzen geschlagen wurden. Nicht bekannt dagegen war bislang, welche Rolle der Fußball auf wirtschaftlichem Gebiet, so zum Beispiel bei der jüngsten Industrieansiedlung in Offenburg gespielt hat. Er ist der Anknüpfungspunkt bei den entscheidenden Verhandlungen zwischen der Direktion der süddeutschen Telefunken AG in Ulm und der Stadt Offenburg gewesen. Dies teilte Oberbürgermeister Heitz am Mittwochnachmittag bei der Besichtigung des Offenburger Telefunken-Zweigwerks mit, zu der die Betriebsleitung den Gemeinderat und Mitglieder der Stadtverwaltung eingeladen hatte. Die Stadträte hatten dabei Gelegenheit, sich davon zu überzeugen, welch modernes Werk im letzten Jahr auf der von ihnen der Telefunken AG überlassenen „Nachtweide" entstanden ist.
Direktor Köhler, der zusammen mit Direktor Dr. Roser die Betriebsführung übernommen hatte, nahm die Gelegenheit wahr, während einem Imbiß in der großen Werkhalle der Stadtverwaltung und dem Stadtrat für ihr Verständnis, ihre Unterstützung und ihr Entgegenkommen bei der Telef-unken-Ansiedlung in Offenburg zu danken. Er warf dabei einen Blick zurück auf die über einen Zeitraum von zwei Jahren sich erstreckenden Etappen, die dem Einzug in den eigenen Neubau im September dieses Jahres vorausgingen. Diese Etappen bildeten die Eröffnung eines Anlernbetriebs in der ehemaligen Krämerschen Zigarrenfabrik in der Rheinstraße, wo sich Telefunken später nach dem Auszug von Siemens noch erweitern konnte, die Anmietung der ehemaligen Druckereiräume bei der Firma C. Robert Dold in der Zeller Straße und die vorübergehende Beanspruchung eines Teils der Lehrlingswerkstätte des Eisenbahnausbesserungswerks.Heute sind diese verschiedenen Abteilungen im Neubau unter einem Dach vereinigt. Das Produktionsprogramm, bislang immer noch die „verlängerte Werkbank" des Backnanger Betriebs, wird mehr und mehr auf eigene Füße gestellt und im gleichen Zuge auf die Ausbildung eines ausgesuchten Fachpersonals und Nachwuchses größter Wert gelegt. Gerade die Lehrlingswerkstätte von Telefunken erfreut sich eines starken Zuspruchs. Haben sich doch zur Einstellung an Ostern 80 Jugendliche gemeldet, von denen aber nur 20 genommen werden können, Die Tatsache dieser zahlreichen Bewerbungen dürfte ein Beweis für die Richtigkeit der seinerzeitigen Annahme der Stadtverwaltung sein, daß nämlich auf dem Gebiet der elektrotechnischen Industrie bislang in Offenburg eine Lücke bestand. Sie wird jetzt durch die Firma Telefunken ausgefüllt, die sich bereits mit Erweiterungsgedanken in Offenburg trägt, während soeben erst der Westflügel mit den Sozial- und Verwaltungsräumen der Vollendung entgegengeht. Bis Mitte nächsten Monats dürften sie bezugsfertig sein. Die große Einweihungsfeier soll im Frühjahr stattfinden.
Steht der akute Arbeitskräftemangel einer Ausdehnung des Bezirks bzw. der Besetzung aller bereits geschaffenen, zum Teil aber noch freien Arbeitsplätze nicht entgegen? Auch auf diese Frage ging Direktor Köhler bei der Betriebsbesichtigung durch den Gemeinderat ein. Dieser erfuhr, daß augenblicklich die Offenburger Telefunken-Belegschaft 501 Mitglieder zählt, daß davon 140 Angestellte und 70 Prozent Frauen sind, daß je die Hälfte der gesamten Belegschaft aus Offenburg-Stadt und aus der Umgebung kommt, daß es im Moment gar nicht schwierig ist, männliche gewerbliche Arbeitskräfte zu erhalten, Frauen dagegen zum Jahresende nicht in nennenswerter Zahl hinzugewonnen werden können. Telefunken will im ersten Abschnitt seine Mitarbeiterzahl auf rund 800 erhöhen.
Eine Analyse des Arbeitsmarktes in Mittelbaden vor etwa zwei Jahren hatte erwarten lassen, daß die Firma Telefunken, die ihre Auftragsspitze auf dem Fachgebiet Weitverkehr im Backnanger Werk nicht mehr unterbringen konnte, in Offenburg mit der Zeit die nötigen Arbeitskräfte bekommen würde. Deshalb hatte Direktor Land vom Offenburger Arbeitsamt damals die Aufmerksamkeit der Telefunkendirektion in Ulm auf Offenburg gelenkt. Es war 1961 aber auch noch Heilbronn als Niederlassungsort im Spiel; auf dem Umweg eines Gesprächs über den Fußballsport sind sich Ulmer Direktion und Offenburger Stadtoberhaupt dann entscheidend näher gekommen. Gelegentlich ist es also doch gut, daß wir einen sportbegeisterten Oberbürgermeister haben.
Wie Direktor Köhler vor den Stadträten weiter erklärte, „beißen" sich die Offenburger Industriebetriebe nicht. Alle gewinnen sie neue und verlieren sie alte Arbeitskräfte durch die allgemeine Zeiterscheinung der Fluktuation; sie macht auch vor der Türe von Telefunken nicht halt. Dennoch und obwohl von den Belegschaftsmitgliedern bei Telefunken die Art der Arbeit eine Leistung von Hand und Kopf verlangt, ist die Werksleitung mit der inzwischen erzielten Qualität sehr zufrieden. Sie zweifelt auch nicht daran, daß durch einen schnelleren Arbeitsrhythmus bald die gewünschte Wirtschaftlichkeit erreicht wird.
Badisches Tagblatt vom 14.07.1964
Tag der offenen Tür bei Telefunken in Offenburg
Offenburgs jüngster Industriebetrieb und die Stadt leben noch in „Flitterwochen" - Nächster Bauabschnitt voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr - Aufschlußreiche Betriebsführung fand sehr starken Zuspruch
Einen „Tag der offenen Tür" veranstaltete Offenburgs jüngster Industriebetrieb, die Telefunken AG, Zweigwerk Offenburg, am vergangenen Sonntag. Die Werkleitung bot den Belegschaftsmitgliedern Gelegenheit, mit ihren Angehörigen einmal unter kundiger Führung den Betrieb zu besichtigen. Auch eingeführte. Gäste konnten sich dem Rundgang durch das Werk anschließen, das im September vorigen Jahres eröffnet, also noch nicht einmal ein Jahr alt ist.
Es hatte daher schon seinen Grund, daß bei der Betriebsbesichtigung gesprächsweise davon die Rede war, daß Stadt und Telefunken gleichsam noch in den „Flitterwochen" miteinander leben. Was wohl auch soviel heißen mag wie: Das herzliche Verhältnis, das von Anfang anbestand, ist nach wie vor ungetrübt, man lebt sich ganz gut zusammen, fühlt sich hier wohl und freut sich, einen angenehmen Partner gefunden zu haben.Jeweils vor Beginn einer Führung, die gruppenweise erfolgte, schilderte Direktor Köhler
an Hand eines Planes die Lage des Werks im neuen Offenburger Industriegebiet westlich der Kinzig. Er zeigte dabei u.a. die Erweiterungsmöglichkeit für das Werk auf, für die die grundstücksmäßigen Voraussetzungen bereits geschaffen worden sind, von der aber dieses Jahr wahrscheinlich noch kein Gebrauch gemacht werden soll. Die Werkleitung begrüßt diese Atempause im Aufbau, denn erst im Frühjahr dieses Jahres haben die Handwerker die Baustelle verlassen, die die Verwaltungs- und Sozialräume auf der Westseite des Areals angegliedert haben. Während der Atempause kann sich der Betrieb auf der heutigen Basis konsolidieren; außerdem kann die Zahl der Arbeitskräfte ohne bauliche Erweiterung noch um etwa 200 vermehrt werden Rund 650 Arbeitsplätze sind bis jetzt schon besetzt.
Direktor Köhler schilderte in seinem Einführungsvortrag, der bewußt persönlich gehalten war und nicht etwa auf einem Magnetophonband ablief, neben dem Standort des Werks auch dessen Aufteilung und den organisatorischen Ablauf des Fertigungsprogramms, das sich auf diffizile Einrichtungen der Nachrichtentechnik erstreckt. Damit die Besucher vom Produktionsablauf nicht nur eine bloße Darstellung, sondern auch ein wirklichkeitsgetreues Bild der Praxis erhielten, waren mehrere Arbeitsplätze besetzt. Hier wurden einzelne Stationen des Fertigungsprogramms vorgeführt, wobei sich die betriebsfremden Gäste zugleich von der Art der Arbeit und der Sauberkeit der Arbeitsplätze überzeugen konnten.
Sie lernten auf ihrem Rundgang zum Schluß auch die Sozialräume, Wasch- und Umkleideräume, kennen und konnten sich mit dem ihnen an der Pforte, beim Betreten des Werksgeländes überreichten Gutachten bei Kaffee und Kuchen oder einem anderen Getränk in der schönen Kantine oder auf der ihr nach Westen vorgelagerten Terrasse niederlassen. Dort war auch Direktor Dr. Roser noch zur abschließenden Unterrichtung der Gäste bereit, für die dieser Tag der offenen Tür bei Telefunken in Offenburg sicherlich sehr aufschlußreich gewesen ist. Daß ihm sehr starkes Interesse entgegengebracht wurde, bewiesen die vielen Hundert Besucher, die während dreier Nachmittagsstunden den Eingang passierten.
Offenburger Tageblatt vom 29.10.1973
„Die unvollkommene Welt vollkommener machen"
AEG-Telefunken Offenburg feierte zehnjähriges Bestehen
Gelungener Jubiläumsabend in der Oberrhein-Halle — Belohnung und Rückschau auf eine enorme Entwicklung
Wer am Freitagabend zum Jubiläumsabend anläßlich des zehnjährigen Bestehens der AEG-Telefunken-Fabrik Offenburg in die Oberrhein-Halle ging, wußte was ihn erwartete: Eine „Familienfeier", die nach Direktor Walter Köhlers Worten einen persönlichen Rahmen haben sollte. Sie wurde von der Musikkapelle Rammersweier und der Werkskapelle musikalisch und von Akteuren aus der Offenburger Fabrik mitgestaltet. Zum obligaten Festtänzchen spielte das Astoria-Tanzorchester aus Ludwigshafen auf. Siggi Haireis vom Südwestfunk Baden-Baden führte als Moderatorin in ihrer frivol-nonchalanten Art durch das Programm.Wie Siggi Harreis waren viele „von drauß von der Schnellstraße hergekommen". Und alle sahen, so wie sie, „allüberall auf den Telefunkenantennen güldene Lichtlein brennen". Für die ersteren wußte sie in ihrem auf dem Weg zur Feier entstandenen Gedichtchen besonderen Dank an die Jubilarin, denn „ohne jene ginge kein Ton raus".
Direktor Köhler — seit 45 Jahren im Dienst der AEG-Telefunken und seit 1962 technischer Leiter der Fabrik in Offenburg, deren Planung und Einrichtung er durchführte — konnte in einer weitausholenden Ansprache zahlreiche Gäste begrüßen.
Sein erster Gruß galt OB Heitz, dessen Initiative, wie der weitsichtige Rat und die Zustimmung Senator Dr. Burdas, den Vorstand der AEG-Telefunken bewog, die Stadt Offenburg als Standort der neuen Fabrik auszuwählen. Einen Standort, der dem ganzen Ortenaukreis aus dem die Hälfte der 1150 Köpfe starken Belegschaft stamme, zugute komme. Als dessen Vertreter begrüßte er Landrat Dr. Gamber. Von großer Bedeutung sei die Arbeit von Bürgermeister End gewesen, mit dem man imJanuar 1962 zum erstenmal die Wiese betreten habe, die inzwischen das Industriegebiet West geworden sei. Dem regen Interesse Ends galt der Dank Direktor Köhlers ebenso, wie dem des neuen Bürgermeisters Kopp mit allen drei Fraktionen nahezu vollzählig erschienenen Ge-meinderates. Ob er in Fragen des Baues, des Verkehrs, der Energieversorgung, des Umweltschutzes und der Wohnraumbeschaffung, stets hätten die Städtischen Behörden und Dienststellen wesentliche Hilfe geleistet.
Nach dem ersten Spatenstich im Gewann Nachtweide zog im Jahre 1963 das Führungsteam von Backnang nach Offenburg. Seither gebe es die Offenburger Fabrik im Organisationsschema Weitverkehr und Kabeltechnik. Der Vater dieses Fachbereichs, Seniorchef im Ruhestand Dr. Günter Wuckel — so erklärte Direktor Köhler sein persönliches Anliegen — müsse eigentlich, wenn es ein Schild mit den Gründernamen am Eingang der Fabrik gäbe, an erster Stelle stehen. Unter seiner Leitung ist in den 30iger Jahren in Berlin die Fernmeldeapparatefabrik entstanden, die Voraussetzung für den Bau des Offenburger Werkes war. Sie ging am Kriegsende der AEG verloren. Sein Werk sei auch der Wiederanfang im Westen, die Zusammenführung der verstreuten Gruppen. Das Erbe Dr. Wuckels führe inzwischen der Chef des Fachbereichs, J. von Wrangel vorzüglich weiter.
Ohne den Personenkreis, den Direktor Köhler zum Abschluß seiner Rede besonders begrüßte — die engsten Mitarbeiter in großer Zahl —, wäre die Fabrik kein lebender Organismus, wären die Leistungen des Unternehmens für die Volkswirtschaft und letzten Endes für die Menschheit nicht möglich. Als Leitidee gelte, eine unvollkommene Welt vollkommener zu machen.
Der Leiter des Backnanger Fachbereichs, J. von Wrangel, der Grüße des Konzerns und Geschäftsleiters Loewe überbrachte, unterstützte diese Ausführungen. Auch Postminister Ehmke habe auf einer Telefunkenausstellung betont, daß sich die Nachrichtentechnik, die die Telefunken-AG in Offenburg und Backnang konzentriere, in einer stürmischen Entwicklung befinde. Man arbeite zur Zeit schon an der Satellitenübermittlung zwischen den Kontinenten und überlege in den Forschungszentren, wie man den Kupferdraht durch Glaslichtleiter ersetze, um zigtausend Gespräche gleichzeitig zu vermitteln. Ein uralter Traum der Menschheit gehe damit in Erfüllung. Er hob hervor, daß das Offenburger Werk „eine der am liebsten vom Konzern gezeigten Perlen in einer langen Kette" sei, deren technische Qualität mit Stolz erfülle. Auch wenn die Konkurrenz aus Japan und anderen Ländern groß sei, könne man mithalten. Dafür gebühre der Stadt und dem Kreis besonderer Dank.
Für den immateriellen Genuß des Abends zollte er Tribut mit einem Scherflein in Form eines Schecks zu gemeinnützigen Zwecken. Symbol8isch betrachtete er es, dass die Offenburger Fachhochschule unter Leitung von Professor Rudigier, die damals in das freigewordene Gelände in der Rheinstraße einzog, sich mit einer Phasenverschiebung von einem halben Jahr anschickt, gleichfalls ihr zehnjähriges Jubiläum zu feiern. Sie habe der Telefunken immer den Ingenieurnachwuchs vermittelt.
OB Heitz erklärte, daß angesichts der Entwicklung des Werkes nicht die Stadt und er von Telefunken, sondern Telefunken von der Stadt hätte eingeladen werden müssen. Zum Dank übergab er eine Wappenscheibe mit mittelalterlichen Motiven an J. von Wrangel. Er wünschte Telefunken eine weitere gute Entwicklung. Die Stadt Offenburg, die lange Zeit nur Behörden- und Garnisonsstadt gewesen sei, habe die Chance zur Zeit des im Werden begriffenen Europas erkannt und die Elektro-, das heißt Wachstumsindustrie angesiedelt.
Nach einem Willkommensgruß im Namen des Betriebsrates durch dessen Vorsitzenden Limburg hob dieser die Arbeit der Telefunken-Betriebsräte am Betriebsverfassungsgesetz von 1972 hervor. Diese Arbeit sei nicht darauf aus gewesen, alles zu verändern, sondern vielmehr zu verbessern.
Nach den Ansprachen konnte — wie Siggi Harreis sagte — dann das Messer-Gabel-Gefecht beginnen. Das Astoria-Tanzorchester löste die Rammersweierer Kapelle ab. Mit Elan schwang Dirigent Wirth den Taktstock zur Musik fürs Menü.
Zwischendurch waren in einem Sketch die Stimmen der Lehrlinge aus der Lehrwerkstatt von heute zu hören. Sie werden inzwischen „mit Vorstandsgehalt angeworben". Sie haben aber dafür auch allerhand zu tun. Meinte der eine in der Karikatur: „Bericht schriewe — do weiß i ebbis bessers". Fragt der Meister: „Was habt ihr denn heute durchgenommen?" „Jo Ditsch un so Sozialkundegfräß. Un ä bissle Sexualkunde fir d' Frauweabdeilung".
Es waren noch weitere Interna zu erfahren, nämlich, daß außer „Radfahren" bei der Telefunken AG auch noch richtiger Sport getrieben wird. Beim Schuß auf die Torwand ä la Sportstudio wollte man wohl den Boß nicht verärgern. Man zog zur Treffererhöhung den Ball am Faden durchs Loch im Netz. Mit echter Härte ging es dann weiter, als in der improvisierten Arena die Trampolinspringer unter den Klängen der Jazz-Phantasie „Golden Lion", von der Werkskapelle mit Bravour gespielt, in Kamikazemanier kräftigen Anlauf nahmen. Er wurde nach wenigen Probesprüngen so kräftig, daß er ohne weiteres zu einem Dauerlauf hätte werden können.
Die Frauengymnastikgruppe zeigte, wie man die morschen Gelenke am Arbeitsplatz lockert. Auch wenn sie die Blusen nicht auszogen, stellten sie — Feststellung unseres Tischnachbarn — manchen marokkanischen Bauchtanz glatt in den Schatten. So war es kein Wunder, daß beherzte Herren nun endlich Zugriffen, um nach soviel Reden das Tanzbein zu schwingen.
Es war daher für das Löroki-Trio, das zuvor schon einmal aufgetreten war, an der Zeit, erneut mit Kontrabaß, Gitarre und Schifferklavier aufzuspielen und mit dem „Telestern" in gemächlichere Tanzweise zu lenken. Ihre Persiflage auf die „alten Rittersleut" lag noch lange in der Luft. Denn: „Als vor vielen Jahren mal / Telefunken kam ins Tal / war das eine große Freud / für die Offenburger Leut". Aber es gab auch „manch großen Schmerze / in der Straße Heinrich Hertze". Weil, „dich werd ich nie, nie, nie vergessen / hab ich auch nie, nie, nie dein Herz besessen". „Ja so wars, ja so wars im alten Kinzigtal".
BADISCHES TAGEBLATT vom 29.10.1973
„Am liebsten gezeigte Perle einer langen Kette"
Die Offenburger AEG-Telefunken-Fabrik feiert ihr zehnjähriges Bestehen — „Ein Kind der Ehe zwischen Telefunken und Offenburg" — Dank an die Stadt mit Überreichung eines Schecks ausgedrückt
Aus Anlaß ihres zehnjährigen Bestehens hat die Offenburger AEG-Telefunken-Fabrik am Freitagabend ihre Tore geöffnet. Sie ließ das Publikum aber nicht auf ihre Produktionsstätte blicken, sondern zeigte sich bei dieser Gelegenheit einmal von einer ganz anderen Seite; sie zeigte die inneren Werte, innerbetrieblichen Kontakte und zahlreichen Talente der 1150köpfigen Belegschaft. Sie tat das im Rahmen eines selbst gestalteten Jubiläumsabends in der festlich geschmückten Oberrheinhalle, wo mit den Betriebsangehörigen sich ein großer Kreis geladener Gäste vereinigte. Vom Landrat über den Oberbürgermeister und Arbeitsgerichtsdirektor bis zum Feuerwehrkommandanten reichte ihre lange Liste, die bewies, wie vielfältig dieser renommierte Betrieb mit seinem Standort verwachsen ist.
Darauf hat Direktor W. Köhler in seiner Ansprache hingewiesen, der die weitverzweigten Beziehungen des zehn Jahre jungen Werks mit der Begrüßung zahlreicher Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Verwaltung unterstrich. Mit besonderem Respekt nannte er den Namen von Seniorchef i. R. R. Wuckel, unter dem er einst zwei Jahrzehnte gearbeitet hat und der als der Vater des Fachbereichs Kabeltechnik und Weitverkehr bei Telefunken gilt, in dem das Offenburger Werk arbeitet. Selbstverständlich war auch Fachbereichsleiter J. von Wrangel unter den Anwesenden, bei denen die Leiter des Freiburger und Offenburger AEG-Büros gleichfalls nicht fehlten. Bekanntlich gehört Telefunken heute zu AEG. Beide dienen mit ihrem weitgespannten Produktionsprogramm der Versorgung, Information und auch der Unterhaltung der Menschen. Sie wollen, wie es Direktor Köhler ausdrückte, mit Ihren Einrichtungen und Geräten helfen, eine unvollkommene Welt vollkommener zu machen. Der Offenburger Betrieb ist im Verlauf seines zehnjährigen Bestehens in mehreren vorgeplanten Abschnitten erweitert worden. Er hat mit der Entwicklung Schritt gehalten, arbeitet wirtschaftlich und gilt als vorbildlich hinsichtlich des Umweltschutzes.Fachbereichsleiter Wrangel bezeichnete die Offenburger Telefunken-Fabrik als Kind der Ehe zwischen Telefunken und Offenburg. Es brauchte allerdings etwas länger als normal, um zur Welt zu kommen. „Qualität und Technik" lautet der Grundsatz aller Unternehmen des Konzerns, also auch der Offenburger Fabrik, der der Fachbereichsleiter den Ehrennamen einer „am liebsten gezeigten Perle einer langen'' Kette" verlieh. Dieses Kompliment wollte er allen Mitarbeitern, aber auch allen Institutionen machen,,mit denen der Betrieb in Stadt und Kreis zusammenarbeitet und nicht zuletzt Direktor Köhler, der dem Werk seinen Stempel aufgedrückt hat sowie Dr. Roser, der mit Erfolg die kaufmännischen Belange vertritt. J. von Wrangel würdigte ferner die gute Zusammenarbeit mit der Offenburger Fachhochschule, die mit einer „Phasenverschiebung" von einem halben Jahr das gleiche Jubiläum feiern kann. Den Dank an die Stadt Offenburg, mit der die Verhandlungen zur Ansiedlung 1961/62 begonnen hatten, drückte die Firmenleitung in Form eines Schecks aus. Der Betrag soll für soziale und gemeinnützige Aufgaben verwendet werden.
Oberbürgermeister Heitz meinte: Eigentlich müßte die Stadt die Telefunken-Leute einladen, denn „die Gewinner waren wir". Die Stadt hoffe allerdings, dies durch Gegenleistungen egalisieren zu können. Dann kam der Oberbürgermeister auf die Bemühungen der Stadt um die Ansiedlung neuer Industriebetriebe nach dem zweiten Weltkrieg zu sprechen. In der Branche der Elektrotechnik sei zuerst mit Siemens verhandelt worden. Diese Firma habe auf dem heute Telefunken gehörenden Gelände Waschautomaten herstellen wollen. Plötzlich sei der Faden abgerissen. Siemens habe „Constructa" gekauft und sei hierauf an Offenburg nicht mehr interessiert gewesen. Am Zustandekommen des am 2. 11. 62 abgeschlossenen Kaufvertrags mit Telefunken seien der damalige Arbeitsamtsdirektor Lang und der Präsident des Landesarbeitsamts Dr. Seifritz maßgeblich beteiligt gewesen. Der Werksleitung bestätigte Oberbürgermeister Heitz eine gute Zusammenarbeit. Für die Zukunft wünschte er dem Betrieb weiterhin Wachsen und Gedeihen, nicht nur wegen der Gewerbesteuerkasse der Stadt, sondern auch im Interesse der arbeitenden Menschen". Der zusätzlich geäußerte Wunsch ging dahin, daß auf dem Reservegelände der Firma ebenfalls bald Arbeitsplätze entstehen. Für den zuvor in Empfang genommenen Scheck revanchierte der Oberbürgermeister sich mit einer Offenburger Wappenscheibe für das Direktionsbüro.
Die Grußworte des Betriebsrats sprach dessen Vorsitzender H. Limburg. Er verwies auf die Sozialleistungen des Betriebs und auf die schon 1953 abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen, die inzwischen gesetzlich geregelt worden seien. Limburg versicherte, der Betriebsrat werde sich stets für die Erhaltung der Arbeitsplätze einsetzen. Er wolle „nicht alles verändern, sondern helfen, es besser zu machen". Im Hinblick auf die während seiner Ansprache aufgetretenen Störungen in der Lautsprecheranlage meinte er schlagfertig: „Ich glaube nicht, daß das Telefunken-Technik war".
Mit den Tücken der Technik hatte sich vorübergehend auch Sigi Harreis vom Südwestfunk Baden-Baden auseinanderzusetzen, die sich im übrigen bei den Nachrichtentechnikern unter Kollegen fühlte. „Ohne sie ginge kein Ton von uns raus“, teilte sie wegen der Abhängigkeit des Rundfunks von der Nachrichtentechnik ein Kompliment aus, das ebenso beifällig aufgenommen wurde wie ihre ganze Conference, die sich durch Charme, Witz und Beschlagenheit (auch im Dialekt) auszeichnete. Sigi hatte die dankbare Aufgabe, den „Talentschuppen" der AEG-Telefunken anzusagen, der zusammen mit der Musikkapelle Rammersweier unter der Leitung von Theo Merker und dem Astoria-Tanzorchester aus Ludwigshafen zwei Stunden Belegschaft und Gäste aufs beste unterhielt.
Da wartete ein Trio mit lustigen Liedern auf („Ja so war's im alten Kinzigtal"), erlebte man eine Lehrwerkstatt früher und heute, gewährte ein aktuelles Sportstudio mit Filmen einen Einblick in die verschiedenen Sportabteilungen und die Schachgruppe des Betriebs, fand Direktor Köhler mit einem Richtfunk-gesteuerten Fußball das ominöse Loch in einer Torwand, brillierte die Betriebskapelle mit einer Jazz-Fantasie, verblüfften Betriebsangehörige als mutige Trampolinspringer und weibliche Belegschaftsmitglieder mit der anmutigen Pausengymnastik. Das abwechslungsreiche Programm „kam an", es festigte die Kommunikation unter der Betriebsfamilie und wirkte daher bei diesem Anlaß besser als eine fremde Künstlergruppe. Eine mit begehrenswerten Artikeln ausgestattete Tombola trug ein übriges zum fröhlichbeschwingten Abschluß der harmonisch verlaufenen Jubiläumsfeier bei.